Hans Kammerlander - Freiluftseele

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Hans Kammerlander im Portrait
* 6. Dezember 1956 in Ahornach, Südtirol

Tiefe Verbundenheit mit der Bergnatur, im Hochgebirge geboren und aufgewachsen, durch das Leben am Berg besondere Instinkte für die objektiven Gefahren entwickelt, Lust auf alle Spielformen des Alpinismus und der Ehrgeiz, es am Fels, im Eis und auf Schnee zur Perfektion zu bringen. Große Leistungsbereitschaft, dabei stets bodenständig, sich seiner Leidenschaft gänzlich bewusst sein, ja die Gipfel und die Wände dieser Welt zum Mittelpunkt des Daseins zu machen. Das alles charakterisiert Hans Kammerlander.
© Archiv Kammerlander
Als letztes von sechs Kindern einer armen Bergbauernfamilie aus Ahornach im Tauferer Ahrntal (Südtirol) 1956 geboren, verliert Hans Kammerlander schon früh die Mutter. Die älteste Schwester zieht ihn auf, der Vater  ist als Schuhmacher nicht oft zu Hause. Mit knapp acht Jahren besteigt Hans seinen ersten Berg, den Großen Moosstock (3059 m). Die Sehnsucht nach dem Bergsteigen ist geweckt, bereits mit 15 zieht er allein oder mit Freunden ins Gebirge, eine riskante Zeit, bis ihn sein älterer Bruder in einen Kletterkurs schickt. Jetzt beginnt sein Bergsteigerleben richtig, neben den heimatlichen Bergen lockt ihn vor allem das Felsklettern in die Dolomiten. Dann ein Glücksfall: Bei der wenig geliebten Arbeit als Maurer begegnet er Friedl Mutschlechner, der sein alpiner Lehrmeister wird und ihn bestärkt, Bergführer zu werden. Mit 21 Jahren legt er die Prüfung ab. Sein Wunsch, sich von dem neuen Beruf auch zu ernähren, stellt sich als nicht so einfach heraus. Fast will er schon aufgeben, da bietet ihm Reinhold Messner an, für seine Alpinschule Südtirol Touren zu übernehmen. Also nicht zurück auf die Baustellen! Die Tätigkeit als Bergführer füllt ihn aus, es macht ihm Freude, die glücklichen Gesichter seiner Gäste nach einer gelungenen Tour zu erleben. 1987 übernimmt er von Reinhold Messner die Alpinschule Südtirol.
Hans Kammerlander und Uli Auffermann
© Archiv Heckmair-Auffermann
Hans Kammerlander entwickelt sich zum perfekten Allround-Alpinisten, ist in den schweren Kletterrouten ebenso zu Hause wie in den Eiswänden und den klassischen Nordwänden. Zum Höhenbergsteiger wird er 1982 wieder durch das Einwirken von Reinhold Messner, der ihn zu einer Expedition einlädt. Es geht zum Cho Oyu, der Gipfel kann zwar nicht erreicht werden, doch Hans wird in der Öffentlichkeit bekannt, erhält seinen ersten Sponsorenvertrag. Neue Möglichkeiten tun sich auf. Dabei ist auch Hans Kammerlander von Anfang an ein Verfechter, ohne künstlichen Sauerstoff und mit so wenig Aufwand wie möglich, im alpinen Stil eben, auf die höchsten Berge der Erde zu kommen. Zusammen mit Messner gelingen in den folgenden Jahren sieben Achttausender Besteigungen. Reinhold  Messner ist von Kammerlanders Fähigkeiten überzeugt: „Hans hat alle Voraussetzungen, um schwierige Wände an den höchsten Bergen der Welt zu durchsteigen: das Kletterkönnen, die Kondition, den Instinkt. Er ist höhentauglich, ruhig und auch in kritischen Situationen nicht aus dem inneren Gleichgewicht zu bringen." Messner und Kammerlander erreichen im zweiten Versuch den Gipfel des Cho Oyu und schaffen 1984 die erste Überschreitung zweier Achttausender an Hidden Peak und Gasherbrum II. Hans Kammerlander sagt danach: „Es waren die härtesten 8 Tage meines Lebens." Es folgen die Annapurna, erste Begehung der Nordwestwand, und der Dhaulagiri Nordostsporn im Alpenstil. Makalu und Lhotse gelingen 1986. Mit dem Lhotse hat Reinhold Messner alle 14 Achttausender bestiegen. Hans muss neue Partner für den Himalaja finden, vor allem die lästige Organisation von da an komplett selbst übernehmen, eine Herausforderung, die er zu Anfang unterschätzt hatte. „Reinhold hat mir die ganze Organisation der Expeditionen abgenommen, die hasse ich, die mag ich nicht gern", sagt er damals selbst. Als leidenschaftlicher Skifahrer, der es bei zahlreichen Steilabfahrten in den Alpen zur Perfektion gebracht hat, keimt in Hans die Idee, auch an den höchsten Bergen im Himalaja die Ski einzusetzen, ja letztendlich sogar vom Dach der Welt abzufahren. Und so steigt er 1990 zusammen mit Diego Wellig auf den Nanga Parbat, wagt als erster eine Skiabfahrt über die Diamirwand. Alles geht gut – ein weiterer Höhepunkt in seinem Bergsteigerleben!
© Archiv Kammerlander
Im folgenden Jahr soll es auf den 8163 m hohen Manaslu gehen, tragisch kommen zwei Teilnehmer dabei ums Leben: Hans Kammerlanders Grödner Kletterpartner Carlo Großrubatscher stürzt ab und Friedl Mutschlechner, sein enger Freund und Lehrmeister, wird durch Blitzschlag getötet. Hans ist vom Tod der beiden schwer getroffen, braucht erst einmal Zeit, um  sich neue Ziele zu setzen.
Zusammen mit Christoph Hainz gelingt indes bald die erste Begehung des Nordpfeilers am 6543 m hohen Shivling in Indien, er steht auf dem Broad Peak und fährt ab 7000 m Höhe wieder auf Skiern ab.
1996 packt er die Shisha Pangma. Im selben Jahr kann Hans seinen großen Traum verwirklichen: eine Skiabfahrt vom Gipfel des Mount Everest, noch dazu nach nur 17 Stunden Aufstieg ab 6400 m! Hans Kammerlanders aufsehenerregendste Unternehmung, die ihm weltweit Ruhm und Bekanntheit auch bei Nichtbergsteigern einbringt und die er selbst als seinen größten Erfolg bezeichnet. Es folgt der Kangchendzönga mit anschließender Skibefahrung aus 7500 m Höhe. Drei Anläufe macht er am K2, einmal gibt er keine 200  Hm vor dem Gipfel wegen zu viel Schnee und Lawinengefahr auf. Dass Hans Kammerlander an den höchsten Bergen der Welt nicht umgekommen ist, liegt mit Sicherheit auch an seiner Fähigkeit, die Entscheidung treffen zu können, eine Besteigung so greifbar nahe vor dem Gipfel doch noch abzubrechen. „Ich habe in den letzten Jahren wirklich gelernt umzukehren. Auch wenn ich das Gefühl habe, es müsste doch noch gehen. ... Ich habe ja die Möglichkeit wiederzukommen." Und 2001 kommt er erneut zum K2, erreicht mit Jean-Christoph Lafaille über die Cesen-Route sicher den Gipfel. Die Skiabfahrt allerdings muss er wegen zu schlechter Bedingungen aufgeben – das Risiko ist einfach zu hoch!
Kammerlander mit Anderl und Trudl Heckmair
© Archiv Heckmair-Auffermann
Das Fernsehen ist live dabei, als Hans Kammerlander und der Kameramann Hartmann Seeber 2002 den 6856 m hohen Ama Dablam besteigen, zweimal bricht er wegen schlechter Bedingungen die Versuche der ersten Besteigung des Mittelpfeilers am Nuptse East ab, mit 7804 m der höchste damals noch nicht bestiegene Gipfel, ein anderer Bergsteiger kommt ihm kurz darauf zuvor. 2005 zieht es Hans zusammen mit Karl Unterkircher und Lois Brugger zum 7350 m hohen Jasemba, die Erstbegehung des zentralen Pfeilers soll versucht werden, Schlechtwetter vereitelt alle Bemühungen. Schon 2006 sind sie wieder am Berg. Für Lois Brugger mit einem schrecklichen Ende: Durch einen Absturz kommt er ums Leben. – Hans  Kammerlander will dennoch zurück zum Jasemba, im Gedenken an den Freund einen neuen Versuch starten.
Um die 2000 Klettertouren in den Alpen, davon 50 Erstbegehungen und 60 Alleinbegehungen im VI. Grad, kann Hans Kammerlander für sich verbuchen. Darunter natürlich die Klassiker Eiger-Nordwand, Matterhorn Nordwand, Grandes Jorasses Nordwand, die Drei Zinnen Nordwände, Marmolada Südwand, Civetta Nordwestwand und Heiligkreuzkofel oder auch die Fleischbank-Pfeiler "Rebitsch-Risse". Er war am Cerro Torre zusammen mit Wolfgang Müller, nur 17 Stunden benötigen sie für den Auf- und Abstieg auf der Maestriführe. Als Werner Herzog seinen Spielfilm "Schrei aus Stein" in Patagonien realisiert, gehört Hans Kammerlander zum Team. Zusammen mit Reinhold Messner wandert und klettert er 1200 km "Rund um Südtirol". In sechs Wochen besteigen sie über 300 Gipfel und bewältigen 100.000 Hm, eine Leistung ganz anderer Art. Wie auch die 24-Stunden-Nordwände-Tour: Mit Hans-Peter Eisendle steigt Hans durch die Nordwände von Ortler und Große Zinne, sie überwinden dabei die fast 250 km Wegstrecke durch Südtirol mit dem Fahrrad. Am Matterhorn das Enchaînement mit Diego Wallig. Alle vier Grate im Auf- und Abstieg in 24 Stunden!
© Archiv Kammerlander
Bergführer ist Hans Kammerlander weiterhin mit großer Begeisterung, geht auch hier bisweilen ungewöhnliche Wege. So organisiert er z. B. 24-Stunden-Wanderungen für seine Gäste. Seine zahlreichen Vorträge sind ausverkauft, mehrere spannende Bücher hat er geschrieben und wird 2002 zum "Offiziellen Botschafter der Berge" im "Internationalen Jahr der Berge" in Berlin ernannt, engagiert sich für die Nepalhilfe. Bei allen Erfolgen ist Hans Kammerlander der nette und bescheidene Mensch geblieben, der er immer war, hängt an seinem Oldtimer-Autos und ist noch immer am liebsten zu Hause in seinem Heimatdorf Ahornach.

Einst definierte Anderl Heckmair einmal, was er unter einem Bergsteiger versteht: „Ein Bergsteiger ist meines Erachtens nicht einer, der nur extreme Touren unternimmt oder nur eine zeitlang ‚bergsportlich’ tätig ist, sondern einer, der auf Dauer dem Berg im weitesten Sinne als Lebensideal und –inhalt verbunden bleibt." Demnach ist wohl Hans Kammerlander ein wirklicher, ein echter, ein wahrhaftiger Bergsteiger durch und durch!
Stationen einer Alpinkarriere:

1983: Cho Oyu (8202 m) – 1. Begehung der Südwestwand
1984: Gasherbrum Überschreitung: Hidden Peak (8068 m) – Gasherbrum II (8035 m)
1985: Dhaulagiri (8172 m)
1986: Makalu (8481 m) und Lhotse (8511 m)
1988: Cerro Torre (3128 m), Patagonien
1989: Punta Poincenot, Patagonien
1990: Nanga Parbat (8125 m)
1993: Shivling (6543 m), Indien
1994: Broad Peak (8048 m)
1996: Shisha Pangma (8046 m) und Mount Everest (8848 m)
1998: Kangchendzönga (8586 m)
1999: Muztagh Ata (7546 m), China, Skiexpedition
2000: 1. Besteigung Thang Ri (6240 m), Pakistan
2001: K2 (8611 m)
2002: Himalaja live – Fernsehübertragung der Ama Dablam-Besteigung (6812 m)

Außerdem:
Eiger-Nordwand – Matterhorn-Nordwand – Grandes Jorasses-Nordwand
Drei Zinnen-Nordwände – Marmolada Südwand – Civetta Nordwestwand – Heiligkreuzkofel
1991 Von Nord nach Nord – Große Zinne-Nordwand und Ortler-Nordwand
1991 Rund um Südtirol
1992 4 x Matterhorn
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