In Erinnerung an Kurt Albert - Freiluftseele

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In Erinnerung an Kurt Albert
Kurt Albert
* 28. Januar 1954 in Nürnberg, gestorben am 28. September 2010

Er war der Rock’n’Roller der großen Freikletter-Renaissance. Beweglich denkend, unverkrampft und stets an neuen Erfahrungen interessiert. Ein Symbol für alle leistungsorientierten Kletterer. Mehr noch aber eine Orientierung für all jene, die über das Sportklettern einen unangepassten, erlebnisorientierten Selbstausdruck suchten. Wer sich heute auf die Suche begibt nach der Seele des Sportkletterns, nach dem Geist der Freikletterei, trifft in vorderster Linie auf den Namen Kurt Albert.

Geboren 1954 in Nürnberg, kam Kurt Albert über das Wandern und Klettersteiggehen zunächst zum traditionellen alpinen Klettern. Als er 1973 das erste Mal eine Fahrt ins Elbsandsteingebirge unternahm, war er vom sächsischen Kletterstil sehr beeindruckt. Die Regel, Haken und Schlingen nur zur Absicherung und nicht zur Fortbewegung zu nutzen, motivierte ihn, diese Form der Kletterethik auch auf die heimischen Felsen des Frankenjuras zu übertragen. Mit Gleichgesinnten ging er sogar noch weiter: Eine Tour galt nur als absolut frei geklettert, wenn jede Seillänge in einem Zug durchstiegen wurde – auch ein Rasten an Zwischensicherungen kam, im Gegensatz zur Praxis im Elbsandstein, nicht in Frage. Wer nicht mehr konnte oder stürzte, musste zurück zum Standplatz bzw. zum Boden. Zunächst wurden die klassische Routen abgehakt. Wo vorher Haken als Griffe und Tritte oder gar Schlingen und Leitern zur Fortbewegung eingesetzt wurden, kletterte Kurt Albert frei, sich nur an winzigen Leisten und Rauhigkeiten festhaltend. Frech und provokant wollte er zusammen mit Freunden seine Leistungsfähigkeit demonstrieren, und nach vollbrachter Tat malten sie einen roten Punkt an den Einstieg – als Symbol, dass diese Route frei kletterbar war: Der Rotpunkt-Gedanke war geboren!
© Archiv Heckmair-Auffermann
Mitte der 1970er Jahre kam Kurt Albert ins Yosemite Valley, und als er das dortige »fight gravity« erlebte, war er davon erfüllt, auch in Deutschland die sportlichen Grenzen des Freikletterns in bis dahin unvorstellbare Dimensionen zu verschieben. Routen wie »Exorzist« (VIII–), »Dampfhammer« (VIII) oder der legendäre »Sautanz« im IX. Schwierigkeitsgrad zeugten nicht nur von der Explosion der Leistungsfähigkeit, sondern auch von einem neuen Geist, inspiriert vom Lebensgefühl der ausgehenden 1960er und der 1970er Jahre. Kurt Albert wurde zum Vordenker und Pionier der deutschen Freikletterszene. Von Mitte der 1980er Jahre lebte Kurt Albert, der eigentlich einmal Lehrer werden wollte und Mathematik und Physik studiert hatte, als Profi ausschließlich für das Klettern, erhielt 1985 das „Silberne Lorbeerblatt", die höchste offizielle Auszeichnung für Sportler in Deutschland.

Im September 2010 dann die erschütternde Nachricht: Kurt Albert ist tot. Ein für ihn harmloser Klettersteig war ihm zum Verhängnis geworden. Weltweite Trauer um einen der sympathischsten und wichtigsten Protagonisten der Klettergeschichte.
Reinhold Messner und Kurt Albert © Archiv Heckmair-Auffermann
Aus seinem Tourenbuch (Auszug):

1975: 1. RP-Beg. „Rott-Gedächtnisweg", VI+, Frankenjura, erste Route mit rotem Punkt
1976: 1. RP-Beg. „Gelbe Wand", VII, Frankenjura
1976: 1. RP-Beg. „Frankenschnellweg", Frankenjura
1977: 1. Beg. „Exzorzist", VIII-, Altmühltal
1978: 1. Beg. „Dachrinne", VIII
1979: 1. Beg. „Dampfhammer", VIII
1980: 1. Beg. „Entsafter", VIII+, Frankenjura
1981: 1. Beg. Schlüsselkarspitze-S-Wand „Locker vom Hocker", VIII-/VIII
1981: 1. Beg. „Sautanz", IX-, Frankenjura
1982: 1. Beg. „Magnet", IX/IX+, Frankenjura
1987: 1. RP-Beg. Westliche Zinne „Schweizer Dach", IX-
1987: 1. RP-Beg. Große Zinne „Hasse-Brandler-Direttissima", VIII+
1988: 1. RP-Beg. Nameless Tower „Jugoslawen-Route", VIII+, Karakorum
1990: 1. Beg. Mittlerer Paine Tower „Riders on the Storm", IX/A1, Patagonien
1994: 1. Beg. Ulamertorsuaq „Moby Dick", IX+/A2, Grönland
1995: 1. Beg. Fitz Roy „Royal Flush", IX, Patagonien
2000: 1. Best. Polar Bear Tower über die Route „Odyssee2000", IX-, Baffin Island
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