Gelebter Alpinismus - Peter Habeler im Portrait
Peter Habeler
* 22. Juli 1942 in Mayrhofen, Österreich
Durch seinen Stil und sein Können hat er den Alpinismus revolutioniert, durch seine Art das Bergsteigen von Kampf und Krampf entstaubt! Dabei widerlegt er bis heute die hartnäckige Legende, dass extreme Alpinisten nur als egoistische Klettermaschinen Erfolg haben können: Professor Peter Habeler.
© Archiv Heckmair-Auffermann
Es gibt nur wenige Protagonisten in der Geschichte des Alpinismus, die so wie er durch ihre Persönlichkeit dem Bergsteigen ein nachhaltig neues Image gegeben haben. Natürlich waren es in erster Linie seine Erfolge im Himalaja, die ein Umdenken der Bergsteiger-Szene zwingend notwendig machten. Zusammen mit Reinhold Messner stellte er damals als Folge visionärer Pioniertaten unter Beweis, dass das Höhenbergsteigen durch den Verzicht auf künstlichen Sauerstoff, vor allem aber durch Schnelligkeit und Beweglichkeit und ohne aufgeblasene technische wie auch von Hilfskräften organisierte Unterstützung an den Bergen der Welt fairer, ehrlicher und im Besonderen auch herausfordernder und erlebnisreicher ist.
Das war mehr als ein Trend einer Sportart, das war geradezu eine Kulturrevolution! Und genau diese Schnelligkeit und Beweglichkeit verkörperte der Zillertaler wie kein Zweiter. Auch im Denken und in der äußeren Erscheinung. Kein dogmatischer, auf Besserwisserei ausgerichteter Charakter, kein wortkarger, einsilbiger Typus Bergführer, wie man ihn noch zu Nachkriegszeiten gern beschrieb. Nein, vielmehr ein wieselflinker, freundlicher, charismatischer Mann mit strahlendem Lächeln, eloquent und gewinnend!
Peter Habeler und Uli Auffermann © Archiv Heckmair-Auffermann
Einer, dem man abnimmt, dass Freude an der Natur und Liebe zu den Bergen kein mehr oder weniger rückwärtsgewandtes Verhalten zur Untermauerung brauchen, sondern Modernität, Offenheit, Toleranz und Mut zur Veränderung. Dabei klare Standpunkte einnehmend, aber nicht streitend um des Streites willen.
In den 1960er und 1970er Jahren verkörperte Habeler den neuen Typus des allseitig perfekten Alpinisten, der die zu bewahrenden Werte des Bergführerwesens genauso repräsentierte wie die heitere, unbeschwerte und für Neues zugängliche Leichtigkeit des Daseins in den Gebirgen der Welt. Die sensationellen Erfolge im Himalaja machten ihn spätestens Ende der 1970er Jahre weltbekannt, doch in alpinen Kreisen gehörte er längst zu den Allerbesten. Schon seit 1965 Bergführer, nahm man ihn im Jahr darauf gleich ins Ausbildungsteam des Österreichischen Bergführerverbandes auf, und in den 1970er Jahren leitete er einige Jahre die Bergführerausbildung. In dieser Zeit gründete Habeler in seinem Heimatort Mayrhofen auch seine "Alpinschule Zillertal“, die er später zur Ski- und Alpinschule "Mount Everest“ erweiterte (heute Skischule Habeler Mayrhofen) und die seit 2006 von seinem Sohn Christian weitergeführt wird.
Botschafter der Berge © Archiv Peter Habeler
Gerade einmal elf Jahre war Peter Habeler alt, als er seine erste richtige Bergtour unternahm. Mit 19 füllten bereits die extremen Felswege der Ost- und Westalpen sein Tourenbuch. Und schon 1970 kletterte er in Kalifornien am legendären El Capitan, zu einer Zeit, als die meisten Alpinisten vermutlich den Begriff „Yosemite Valley“ noch nicht einmal kannten. Habeler gelang dort mit Doug Scott die erste europäische Begehung der berühmten Big-Wall-Route „Salathé“. Mit Reinhold Messner zeigte der Zillertaler im Sommer 1974 eindrucksvoll, dass es möglich war, die berüchtigte Eiger-Nordwand auch damals schon in knapp 10 Stunden zu durchsteigen. Nicht nur eine extreme Leistung, sondern in Stil und Durchführung bewusst so geplant und umgesetzt. Man darf wohl ohne Scheu von einer Fabelzeit sprechen, vor allem vor dem Hintergrund, dass dieses 10-Stunden-Eigerwand-Ereignis über 30 Jahre von keiner Seilschaft unterboten oder wiederholt werden konnte!
Die einige Jahre währende Seilschaft Messner/Habeler gipfelte schließlich in den weltweit aufsehenerregenden Unternehmungen an den Achttausender-Riesen: 1975 gelang ihnen der Gipfelgang auf den Gasherbrum I (Hidden Peak) - im Alpinstil und als erst zweite Besteigung überhaupt! Eine neue Epoche des Bergsteigens war eingeläutet: Als Kleinstexpedition mit nur 200 Kilo an Material, ohne künstlichen Sauerstoff, dazu auf einer neuen Route durch die Nordwestwand, führten sie die Expedition zum Erfolg. Sicher eine der kühnsten und wichtigsten Pioniertaten in der Historie des Bergsteigens. Und nur drei Jahre später, 1978, standen die beiden dann als erste Menschen ohne Zuhilfenahme von Flaschensauerstoff auf dem höchsten Gipfel der Erde, dem Mount Everest!
Peter Habeler durcheilte in seinem Bergsteigerleben die großen Nordwände, machte härteste Alleingänge und Expeditionen und prägte zusammen mit Reinhold Messner an den Bergen der Welt einen neuen Wertekanon. Nie wollte er den Kampf, die Berge bezwingen. Vielmehr glücklich in ihnen, mit ihnen leben. Und das konnte er vermitteln – bei Vorträgen, die er bis heute hält, mit seinen Büchern und natürlich nach wie vor als Bergführer.
Peter Habeler auf dem Gipfel des Hidden Peak
© Archiv Peter Habeler
© Archiv Peter Habeler
Aus seinem Tourenbuch (Auszug):
1961: 1. Begehung Reichenspitze SW-Pfeiler-Verschneidung
1961: 1. Begehung Gefrorene Wand-N-Wand
1965: Marmolada di Rocca-S-Wand „Vinatzer"
1966: Grandes Jorasses Walkerpfeiler
1967: 4. Begehung Montblanc Frêneypfeiler
1967: 1. Begehung Fleischbank NW-Wand
1969: Alleinbegehung Fleischbankpfeiler
1970: El Capitan „Salathé", 12. Begehung, als 1. europäische Seilschaft
1974: Eiger-Nordwand, mit Reinhold Messer in knapp 10 Stunden
1975: 2. Besteigung Hidden Peak bzw. Gasherbrum I, mit Reinhold Messer
1978: Mount Everest, ohne künstlichen Sauerstoff mit Reinhold Messner
1980: Mount Kinley
1985: Nanga Parbat
1985: Nanga Parbat
1986: Cho Oyu, SW-Grat/W-Wand
1995: Amadablam